Auf den Spuren alter Familienregeln und wie es dir gelingen kann starre Regeln und Muster zu neuen Leitlinien umzuformulieren.

Eine Methode nach Familientherapeutin Virginia Satir

"Du musst deinen Teller immer leer essen.

 Ruh dich niemals aus, bevor nicht alles erledigt ist.

 Widerspreche nie deinen Eltern.

 Streng dich immer an.

 Sei niemals faul!

 Sag nie NEIN, wenn dich jemand um Hilfe bittet."

 

Bist auch du mit starren Familienregeln aufgewachsen, die dich noch heute begleiten, in bestimmten Situationen unnötigerweise einschränken und unter Druck setzen? Im Laufe des Lebens wird uns zwar klar, wie hinderlich viele dieser Regeln waren. Und doch gelingt es uns nicht, uns davon zu verabschieden. Unbewusst befolgen wir sie viele Jahre, geben sie an Kinder weiter und ärgern uns im Nachhinein über die Folgen.

Wenn ich Klient:innen zu Themen aus ihrer Herkunftsfamilie berate, setze ich gerne Methoden von Virginia Satir sein. Sie war Familientherapeutin und beschrieb in ihrem Buch "Mein Weg zu dir" einen möglichen Grund, warum es vielen Erwachsenen schwer fällt, sich von starren Familienregeln zu distanzieren: "Keiner möchte seine Eltern gerne enttäuschen, auch wenn wir nach außen so tun, als hätten sie es manchmal verdient."

 

Sie beschreibt eine Möglichkeit, die Menschen beim Umformulieren alter, starrer und hinderlicher Familienregeln unterstützt. Sie macht deutlich, dass einst erlernte starre Regeln unmöglich zu all den Situationen passen können, in denen wir uns in unserem Leben befinden und sagt:

"Wir brauchen Leitlinien, keine Regeln." Virginia Satir

Schritt für Schritt: Familienregeln entdecken und umformulieren

Wenn du auf der Suche nach solch einer Regel bist, dann kann es helfen nach Worten wie "immer, nie, ich sollte, ich müsste" Ausschau zu halten. Hast du eine starre Regel im Kopf, die du zwar gelernt hast aber unmöglich in jeder Situation befolgen kannst? An die du dich ganz unbewusst hältst? Die dich einschränkt und dir ein schlechtes Gewissen bereitet, wenn du sie einmal vergessen oder gar gebrochen hast? Eine dieser starren Regeln, die ich in meiner Kindheit gelernt habe und zur Verdeutlichung dieser Methode für dich umformulieren möchte, lautet: "Tue niemals etwas, nur weil es alle anderen tun." Bist auch du fündig geworden? Dann kann es losgehen!

 

1. Schreibe deine Regel aus deiner Perspektive auf ein Blatt Papier.

"Ich darf niemals etwas tun, nur weil es alle anderen tun."

 

2. Füge deinem Satz ein "kann" hinzu.

"Ich kann niemals etwas tun, nur weil es alle anderen tun."

 

3. Füge deinem Satz ein "manchmal" hinzu und formuliere ihn neu.

"Ich kann manchmal etwas tun, was alle anderen auch tun."

 

4. Füge deinem Satz einen Nebensatz hinzu, der mit "wenn" beginnt.

"Ich kann manchmal etwas tun, was alle anderen auch tun, wenn es mich weiterbringt und es mir dabei gut geht."

Ganz besonders spannend dabei finde ich die Überlegung, aus welchem Grund diese Regel einst entstanden sein könnte. Welche Absicht könnten unsere Eltern mit der Einführung dieser Regel gehabt haben? In meinem Fall wurde die Regel ganz unbewusst von meinen Eltern formuliert, um mich vor Sehnsüchten fernzuhalten, die sie mir aus finanziellen oder anderen Gründen nicht erfüllen konnten. Mit dieser Regel wollten sie mir die Enttäuschung und die Traurigkeit darüber ersparen, dass ich z. B. nicht wie die meisten meiner MitschülerInnen die neueste Markenkleidung tragen konnte.

 

Aus ihrer Sicht machte diese Regel wirklich Sinn. Doch stand sie mir eine sehr lange Zeit im Weg. Als Erwachsene verinnerlichte ich sie, versuchte mich in vielen alltäglichen Situationen an sie zu halten, möglichst alles anders zu machen - mit der Folge, mich unbemerkt von anderen Menschen zu entfernen. Und nun konnte durch die Umformulierung eine flexible Leitlinie entstehen, die mich animiert, genau hinzusehen und zu überprüfen, ob ich dem neuesten Trend wirklich folgen möchte, weil er mir meinen Alltag erleichtert und mich mit anderen Menschen verbindet oder eben nicht.

 

Und wie lautet nun deine neue Leitlinie?

Ich wünsche dir, dass es dir mit dieser Methode gelingt, deine starren Familienregeln zu überprüfen und zu neuen flexiblen Leitlinien umzuwandeln. Viel Erfolg dabei! Deine Anastasia